✨Immer mehr Menschen in meinem Umfeld gehen in den „Ruhestand“. Und es ist interessant zu beobachten, wie sie mit der neuen Freiheit umgehen.
Doch was ist das für eine Freiheit, die sich da meist so abrupt eröffnet? Für die meisten fühlt es sich erst einmal an wie ein langer Urlaub🏖, ein Sabbatical. Endlich raus aus den vorgegebenen Strukturen, den Terminen, Sitzungen, Verpflichtungen, dem fremdbestimmt sein.
Aber wie lange hält das Gefühl an? Da statistisch meist noch ein langes Leben vor uns liegt, stellt sich nach dem ersten Freiheitsgefühl die Frage, wie dieses gestalten?
Als ich vor knapp drei Jahren die Politik verlassen habe, begann gerade Corona. Es gab keinen Abschied, von einem Tag auf den anderen war mein politisches Leben plötzlich vorbei. Die vielen Termine und Themen, Sitzungen und Auseinandersetzungen, das Ringen um Kompromisse, die Reden, Empfänge und… Die Wertschätzung und Anerkennung, aber natürlich auch die Machtkämpfe und die endlose fremdbestimmte Zeit. Ich hatte mir das so schön vorgestellt. Endlich meine Zeit frei zu gestalten. Doch es fühlte sich nicht an wie ein Sabbatical, denn der Lockdown ließ keine Freiheit zu. Stattdessen breiteten sich in mir Panik, Leere, das Gefühl der Wertlosigkeit aus.
So ist es heute Gott sei Dank nicht mehr. Doch welche Freiheit wünschst du dir eigentlich am Ende deines Berufslebens?
In unserer Gesellschaft spielt Leistung eine große Rolle, sie steht für Erfolg, Anerkennung und Glück🍀. Doch dieser Leistungsdruck erschöpft über die Jahre. Denn die Belastbarkeit nimmt mit den Jahren ab und der Wunsch weniger zu arbeiten und mehr frei gestaltbare Zeit zu haben, wächst bei den meisten Menschen.
Doch was bin ich in dieser Gesellschaft wert, wenn ich nicht mehr arbeite? Kann ich mich dann überhaupt frei fühlen? Und was ist eigentlich frei sein für mich? Diese Fragen haben mich in den letzten 3 Jahren intensiv beschäftigt und meine Erkenntnis ist immer mehr, dass die innere Freiheit nur dort beginnen kann, wo ich mich von den gesellschaftlichen Zwängen befreie und mir erlaube, meine Zeit endlich selbst zu gestalten und das ohne schlechtes Gewissen. Es geht nicht darum, nichts mehr zu tun, sondern frei zu entscheiden, was ich tue. Das kann sein, noch länger, aber weniger zu arbeiten, sich ehrenamtlich zu engagieren, sich um andere Menschen zu kümmern, die eigenen Hobbys zu pflegen, oder etwas ganz Neues zu machen, sich einen Traum 💭 zu erfüllen. Es gibt so viele Möglichkeiten.
Doch egal, was du tust, du hast die Freiheit endlich mehr selbst zu entscheiden, was du wirklich willst. Das ist das Privileg des Altwerdens! Ein Freund nannte es „die Zeit des Erntens“. Sich zu erlauben, nichts mehr zu müssen, nur noch zu dürfen.
Das klingt so einfach und ist es doch nicht. Denn die Herausforderung ist es, sich von den gesellschaftlichen Werten, von den Prägungen unserer Zeit zu befreien. Das geht nur, wenn du loslassen kannst von dem, was einmal war und dich bewusst deiner neuen Freiheit zuwendest.
Mein Freund hat es geschafft nach einigen Jahren im Ruhestand, sich die Zeit des Erntens selbst zu erlauben. Mir fällt das noch schwer. Aber je länger ich aus der Politik raus bin, desto mehr beginne ich meine Freiheit zu genießen. Und wenn ich dann mal wieder etwas wehmütig an die Zeit in der Politik zurückdenke und mich etwas wertlos fühle, dann versuche ich bewusst an die vielen Stunden zu denken, in denen ich fremdbestimmte Lebenszeit in Verpflichtungen, Strukturen und Sitzungen verbracht habe. Und dann wird mir wieder bewusst, was für ein Privileg es ist, so frei zu sein und selbst zu entscheiden, wie mein Tag wird.
Und da hilft mir Yoga sehr, denn es hilft mir mich zu zentrieren, mich zu fokussieren auf das hier und jetzt, dieses wahrzunehmen und zu empfinden. Denn was kann es Schöneres geben, als sich zu spüren und die Welt 🌎 um mich herum mit allen Sinnen wahrzunehmen. Dafür habe ich jetzt die Freiheit und die Zeit!
Liebe Sabine, du sprichst mir aus dem Herzen! Für mich hat sich im Ruhestand ein schönes Hobby ergeben. Mein Mann ist Musiker und ich mache zu seiner Musik kleine Videos, siehe (wenn du magst) unsere Website https://www.siegfriedmarxandfriends.de/
Es ist so ein schönes Projekt, noch dazu ein gemeinsames (wer hat das schon), aber ich kämpfe teilweise noch heute mit meinem schlechten Gewissen. Daher danke, dass du deine Gedanken geteilt hast. Zu wissen, dass es anderen auch so geht hilft mir sehr. Ich praktiziere auch wieder Yoga. Das Privileg des Älterwerdens, nichts mehr zu müssen, sondern selbst zu entscheiden und zu dürfen – das ist es!
Herzliche Grüße
Astrid aus Nürnberg
Liebe Astrid, das freut mich sehr, dass dich mein Beitrag so angesprochen hat. Was für ein schönes Projekt! Genieße es. Herzliche Grüße Sabine