☀️Ich habe vor kurzem ein kleines Experiment gemacht und nach dem Artikel von Axel Hacke in der ZEIT „Schön dich kennenzulernen“, meinen Körper genau betrachtet. Das klingt nicht besonders aufregend, doch es ging dabei nicht um seine vermeidliche Schönheit, sondern um das, was er erlebt hat. Denn in unserem Körper ist unser ganzes Leben gespeichert, es ist eingeschrieben durch äußere Merkmale, wie Narben, Falten, Flecken… oder ist eingetaucht in unsere Psyche, in unser Unterbewusstsein. Dein Körper ist einzigartig und sagt dir, wer du bist.
So begann ich bei den äußerlichen Spuren meines Lebens.
Am sichtbarsten ist da meine Haut. Sie hat ja auch schon ein paar Jahre hinter sich und kann etwas erzählen. Sie ist meist gebräunt und oft werde ich gefragt, ob ich im Urlaub war. Dabei bin ich nur viel draußen und werde schnell braun. Das ist ja eigentlich gar nicht so gut, wie man inzwischen weiß. Aber in meiner Kindheit, war Sonne was ganz Wichtiges. Im Winter wurde ich sogar unter die Höhensonne (die Älteren kennen das vielleicht noch) gelegt und Sonnencreme nehme ich erst, seitdem die Wissenschaft eingehend dazu mahnt. Denn einen Sonnenbrand hatte ich fast nie. Aber nun sieht man meiner Haut auch an, dass sie nicht geschont wurde von der Sonne. Sie ist faltig, fleckig, aber weiter braun. Sie ist nicht mehr straff. Sie zeigt mir, wie ich gelebt habe. In seinem Artikel beschreibt es Axel Hacke sehr schön: „Die Haut sei „der Reisesack des Lebens“ hat Robert Musil im Mann ohne Eigenschaften über einen Mann im Totenbett geschrieben. Man sieht meiner Haut an, dass sie im Leben unterwegs war wie eine Reisetasche in der Welt, herumgestoßen auf Förderbändern, herumgelegen in Gepäcknetzen, hineingestopft in Kofferräume“.
Und auf der Haut finden sich als besondere Merkmale meine Narben, die mich wieder an die damit verbundenen Erlebnisse erinnern.
So meine große Narbe am Oberschenkel, die ich mir beim Klettern auf einem Tor mit Stacheldraht im Alter von 10 Jahren zugezogen habe. Ein Trauma damals, denn die Wunde wurde nicht genäht (warum auch immer), nur mit Pflastern versorgt. Sie erinnert mich immer wieder daran, wie ich war als Kind, aktiv, abenteuerlustig, mutig. Alles Eigenschaften, die mich auch in meinem späteren Leben immer begleitet haben und auch noch heute im Alter da sind.
Oder die Narbe an der Oberlippe, die zu spät genäht wurde (irgendwie hat mich das verfolgt), die ich mir beim Zusammenstoß mit einem stehenden Lastwagen zugezogen habe.
Natürlich die Kaiserschnittnarbe, die mich intensiv mit der Geburt meiner Töchter verbindet.
Und nicht zuletzt die Narbe meiner Bandscheiben OP, die so tiefe Wunden auch in meiner Seele hinterlassen hat. Ein Schmerz, der mein Leben damals total verändert hat und mich zum Yoga gebracht hat. Und ein Schmerz im Rücken, der immer mal wieder auftaucht und mir sagt, dass ich mehr auf mich achten muss.
Aber es sind nicht nur die äußeren Narben, die uns zeigen, wer wir sind.
Sondern auch die inneren Narben, drücken sich im Körper aus. „Jeder seelische Vorgang ist ein körperliches Geschehen“ schreibt Hacke.
So hat mein Körper vor knapp 20 Jahren die Handbremse gezogen, als ihm die seelischen Zumutungen zu viel wurden. 2005 war für mich ein einschneidendes Jahr. Zuerst der plötzliche Unfalltod guter Freunde, dann eine schwere OP meiner Tochter und daneben das Training für meinen zweiten Marathon. Der Körper reagierte mit einer Blasenentzündung. Er rief: Lauf nicht, ruh dich aus. Doch ich lief, in dem Glauben, wenn ich es nur will, geht es. Danach war alles anders. Die Blase „beschwerte“ sich über ein Jahr und danach folgte der Bandscheibenvorfall. Doch erst nach der OP begann ich auf meinen Körper zu hören, zu sehen, dass er schlau ist und immer zuerst weiß, was gut für mich ist. Und ja die Erkenntnis, dass ich besonders empfindlich auf die Belastungen meiner Seele reagiere.
Ich habe gelernt, mich mehr zu fühlen, meinen Körper und seine Zeichen wahrzunehmen. Das ist das Gute im Alter. Dass wir auf so viel Körpererfahrung zurückschauen können.
Aber auch trotz der vielen Erfahrungen, vergesse ich auch immer wieder, auf meinen Körper zu achten. Denn Manches, was mir nicht so guttut, macht einfach zu viel Spaß. Aber das macht nichts, wenn es nicht zu viel wird, denn zum gesunden Altwerden gehört ja auch die Lebensfreude.
💟 In diesem Sinne, schau doch mal, was dein Körper dir zu sagen hat.
Das kannst du auch im Yoga erfahren, indem du wahrnimmst, wie es dir in einer Haltung geht.
Was passiert bei dir z.B. wenn du Utkatasana – die Stuhlhaltung – für 20 Atemzüge halten sollst?
Kommt da Stolz auf – ich kann das, oder Ehrgeiz – das muss ich schaffen oder Widerstand – nein, das will ich nicht oder…? Deine Emotionen sagen viel über dich aus. Probiere es aus.
Wenn du mehr darüber erfahren willst, komme doch in meinen Workshop „Yoga und Embodiment“ am 30.11.2024 im YogaBee in München.