🌟 Hast du heute schon mal deinen Körper gespürt? Ihn bewusst wahrgenommen? Nein, nicht bei einer Meditation, oder im Yoga 🧘🏻♀️ das meine ich nicht. Nein einfach so, in deinem Alltag, beim Abspülen oder Einkaufen🛍, beim Zähneputzen, bei deiner Arbeit oder….
Wann nehmen wir unseren Körper richtig wahr? Wann spüren wir die Feinheiten dieses Wunderwerks, das ununterbrochen für uns arbeitet? Meist sind wir im Kopf, mit unseren Gedanken beschäftigt, mit unseren Problemen, Wünschen oder dem, was wir gerade tun. Den Körper nehmen wir meist erst wahr, wenn er sich meldet. Sei es durch einen schnelleren Puls, Ängste, Verspannungen, Tinnitus, psychosomatische Beschwerden, Schmerzen oder…
Doch unser Körper ist unsere Basis, er ist immer bei uns, solange wir leben. Er ist unser Mittelpunkt. Und aus dieser Mitte „schauen, hören, riechen, schmecken und berühren wir die Welt, wir symbolisieren die Welt in Form von gedanklichen Konzepten, wir haben unsere Erinnerungen im Kopf und unser Körper trägt unsere gesamte Lebensgeschichte in sich“ beschreibt es der Focusing Therapeut Klaus Renn. Diese Perspektive ist für jeden Menschen einzigartig.
Die Methode des „Focusing“ und ihre Verbindung zum Yoga, durfte ich Ende des letzten Jahres auf einer Fortbildung im Yogahotel Kubatzki in Sankt Peter-Ording mit der Heilpraktikerin und Focusing Beraterin Eva Gregor und der Yogalehrerin Dörte Kubatzki erleben.
Im „Focusing“ geht es darum, mit seinen Gefühlen, dem Unterbewusstsein, der inneren Wahrheit, dem inneren Erleben, oder wie man es nennen möchte, in Kontakt zu treten. Klaus Renn nennt es „unser Zuhause“. Der Körper reagiert auf alles – was wir denken, unsere Ideen, Situationen, andere Menschen und natürlich auf Probleme. Und diese Reaktionen können wir wahrnehmen. Es ist unser Körper, der uns unsere innere Wahrheit offenbaren kann, nur der Körper. Im Kopf kommen wir da nicht hin.
Freiraum und „Felt sense“
Doch wie kommen wir dorthin?
Ich liege im wunderschönen Yogaraum des Hotel Kubatzki und suche gerade meinen „guten Ort“ im Körper. Was ist damit gemeint, frage ich mich. Eva hatte uns den Tipp gegeben, den Ort im Körper zu suchen, der sich besser anfühlt als die anderen Stellen. Und den gibt es immer, auch wenn alles schmerzt oder sich nicht gut anfühlt.
🌠 Mein Ort, den ich an diesem Dezembertag an der Nordsee 🌊 finde, ist mein Bauch. Ich verweile dort mit meiner Aufmerksamkeit, schicke mein Gewahrsein und den Atem in die Mitte des angenehmen Gefühls. Ich spüre tief hinein und dann beginne ich mein körperliches Empfinden innerlich zu beschreiben. Dort ist es warm, hell, entspannt und ganz weit. Ich fühle mich geborgen und sicher und es entsteht langsam das Bild einer gemütlichen Höhle. Ich genieße das Gefühl und stelle mir die Frage, was hat das mit meinem Leben zu tun? Wo könnte ich diese Qualität brauchen? Und es kommen Bilder meines Alltags, die ich mit dieser Qualität innerlich fülle. Was für ein gutes Gefühl!
So habe ich schon mal Kontakt zu meinem Innersten aufgenommen.
Der „gute Ort“ kann der Beginn eines Prozesses sein, um die eigene innere Wahrheit zu finden. Er schafft erstmal Distanz zu unseren schwierigen oder beängstigenden Gefühlen und zu unseren Problemen. Denn nachdem erst einmal „Freiraum“ geschaffen wurde, taucht vielleicht ein Thema auf, das ich gerne bearbeiten will. Etwas, das mich bewegt, eine Situation, ein Konflikt, ein Problem, eine Angst… Es kann alles sein, wozu ich meinen Körper befragen möchte. Das ist der eigentliche „Focusing“ Prozess.
Gene Gendlin, der Begründer des „Focusing“ nennt das den „Felt sense“. Es geht nicht darum, das Problem genau zu beschreiben, darüber zu reden, sondern das wahrzunehmen, was über die Sprache hinausgeht. Die Wahrnehmung zu deinem Thema im Körper. Die Gedanken, die inneren Bilder, Gefühle, Empfindungen, Impulse, Stimmungen. Dazu dienen Fragen wie:
Wo genau im Körper spürst du…, Wie fühlt es sich genau an…, Was sagt dir diese Empfindung…
Focusing ist ein spannendes Konzept, dich besser kennenzulernen über den Körper, der immer mehr weiß als wir wissen.
Um tiefer ein zusteigen empfehle ich dir das Buch „Dein Körper sagt dir, wer du werden kannst“ von Klaus Renn, dem Leiter des Deutschen Focusing Institut.
Yoga der inneren Achtsamkeit
Doch wir wollen uns der Verbindung von Focusing und Yoga widmen und was es für das Älterwerden bedeutet.
Yoga und Focusing können helfen, uns selbst besser kennenzulernen und ermöglichen Schritte zur persönlichen Weiterentwicklung und Veränderung.
Die vier Grundprinzipien des Focusing:
✨ Anwesenheit ✨Akzeptanz/Annahme ✨Anfängergeist ✨Absichtslosigkeit
lassen sich wunderbar im Yoga umsetzen und schaffen ein Yoga der inneren Achtsamkeit. Diese Haltung ist besonders hilfreich, wenn wir älter werden, denn sie schult Fähigkeiten, die uns helfen, besser mit dem Alterungsprozess zurechtzukommen.
➡️ Anwesenheit
Zu lernen, anwesend zu sein, bedeutet im Moment zu sein. Diesen bewusst in seiner ganzen Vielfalt wahr zunehmen, wird immer wichtiger, gerade wenn wir älter werden. Denn es sind die Augenblicke, die im Leben zählen, die wir mit Gefühlen in Verbindung bringen.
Es geht um Achtsamkeit, wie wir sie im Yoga auch in der Meditation und im Pranayama praktizieren. Diese bewusster auch in die Asanapraxis zu integrieren ist das Ziel dieses Yoga.
Anwesend bin ich in meinem Körper, wenn ich alle meine körperlichen Empfindungen, aber auch meine Gedanken, Gefühle und Emotionen wahrnehme. Der Focus geht dabei nach innen. Es gibt ein breites Spektrum dieser Wahrnehmung. So kannst du dir z.B. folgende Fragen stellen: Äußerlich – wie nimmst du die Luft auf deiner Haut wahr, die Geräusche, die Unterlage…. Oder Innerlich – wie verändert die Atmung dein Körperempfinden oder ist es möglich trotz der Anstrengung auch einen anderen Bereich des Körpers zu spüren? Dieser starke Fokus auf den gegenwärtigen Moment ist die Schulung auf der Matte für das Leben.
➡️ Akzeptanz/Annahme
Die Veränderungen des Älterwerdens anzunehmen, sie zu akzeptieren, fällt nicht leicht. Doch sie sind da, ob wir nun wollen oder nicht. Deshalb ist der bessere Weg, sie willkommen zu heißen, sie als Chance für etwas Neues, etwas Gutes in unserem Leben zu sehen.
Akzeptanz und Annahme können wir im Yoga gut üben. Auf der Matte erfahren wir sehr schnell unsere Grenzen. Manches geht nicht mehr oder Widerstände entstehen. So ging es mir auf der Fortbildung, als wir für 20 Atemzüge im Krieger II stehen sollten. Widerstand entstand in mir und schnell tauchten ärgerliche Gedanken in mir auf. „Ich will das nicht“ „Warum soll ich denn solange bleiben, was bringt das?“ „Überfordere ich mich nicht“ „Mein Oberschenkel brennt, soll ich weiter bleiben oder aufgeben“ „Das kann ich nicht machen, was denken die anderen“ „Nein, es ist mir jetzt egal“.
Kennst du das auch in ähnlichen Situationen? Diese Widerstände sind eine Chance, sich besser kennenzulernen und einen Weg zu finden, damit umzugehen. Auf der Matte kannst du üben, das Ungewollte zu begrüßen, es da sein zu lassen und zu beobachten, was passiert, wenn es da sein darf.
„Wende dich nicht ab. Halte deinen Blick auf die bandagierte Stelle gerichtet. Genau da tritt Licht in dich ein.“ schrieb der persische Dichter Rumi schon im Mittelalter.
➡️ Anfängergeist
Wir leben in Routinen und Mustern, die teilweise schon sehr tief eingegraben sind. Das ist auch gut so und gibt uns Sicherheit. Aber um sich weiterzuentwickeln, müssen wir uns verändern, unsere Komfortzone verlassen. Auch oder gerade dann, wenn wir Älterwerden, um unseren Geist und Körper beweglich zu halten. So können wir im Yoga mit dem Geist eines Anfängers immer wieder in unsere Praxis einsteigen, freundlich die Bewegungen erforschen, neugierig sein, wie sich die Asanas einmal anders anfühlen, mal spielerisch, mal experimentierfreudig. Dabei werden wir Neues in uns entdecken.
➡️ Absichtslosigkeit
Erwartungen loszulassen ist neben der Akzeptanz wohl die schwierigste Übung in fortschreitendem Alter. Denn eigene Erwartungen, die wir früher leicht erfüllt haben, werden jetzt vielleicht enttäuscht. Es gehört zur Selbstfürsorge, zu lernen, die eigenen Ansprüche zu senken, um nicht im Alter frustriert zu sein. Im Yoga der inneren Achtsamkeit können wir lernen, ohne Erwartungen in die Praxis zu gehen. Dabei lassen wir die Bewegungen aus dem eigenen Körpergefühl heraus entstehen, geben dem eigenen Körperimpulsen Raum, individualisieren die Ausführungen der Haltungen, experimentieren mit Variationen und Intensität. Und finden so heraus, was dem eigenen Körper guttut.
✅ Vielleicht magst du diese Grundprinzipien immer mal wieder in dein Yoga einfließen lassen und in deine eigene Praxis integrieren.
Beginne immer mehr auf deinen Körper zu hören und seine Bedürfnisse wahrzunehmen. Denn erinnere dich, was Klaus Renn sagte, der Körper ist dein „Zuhause“ und Zuhause willst du dich doch wohlfühlen.
Deine Sabine 💟 ☮️